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Die historischen Anfänge der russischen Schule

Russische Schule

Die historischen Anfänge der russische Schule können bis in die Zeit der Kiewer Rus zurückverfolgt werden. Schon in diesem ältesten ostslawischen Staat gab es Schulen für Lese- und Schreibunterricht. Archäologische Funde weisen diesen Unterricht für das 10. und 11. Jahrhundert nach. Nicht nur die Führungsspitzen und die Geistlichen waren schriftkundig, sondern auch die Kinder einfacher Stadtbürger lernten in Schulen, wobei sie Wachstafeln und spitze Schreibstifte verwendeten.
Aus dieser Zeit sind auch zahlreiche Birkenrindenurkunden überliefert, in denen viele Dinge des alltäglichen Lebens niedergeschrieben wurden. Auch sind zahlreiche Inschriften erhalten geblieben, so auf Kirchenwänden oder Haushaltsgegenständen.
Die meisten bekannten Funde stammen aus der Umgebung der Stadt Nowgorod, jedoch auch in vielen anderen altrussischen Städten war das Bildungswesen organisiert.

In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts gründete Großfürst Wladimir eine Schule, zu deren Bildungsinhalt Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie gehörten. Ebenfalls gab es besondere Schulen für Lesen, Schreiben und Fremdsprachen.
Im Jahre 1086 wurde in Kiew die erste europäische Schule für Frauen gegründet. Nach dem Vorbild der Schulen in Kiew und Nowgorod wurden auch an den Höfen anderer russischer Fürsten sowie in Klöstern eigene Schulen eingerichtet. Dabei waren Schulen nicht nur Bildungseinrichtung, sondern auch Kulturzentren.

Der Verfall dieses Kulturlebens begann mit der tataro-mongolischen Invasion im frühen 13. Jahrhundert und dauerte bis in das 15. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde auch aus einer vorwiegend weltlichen Bildung, eine fast ausschließlich geistliche und klösterliche. Vom 13. bis 15. Jahrhundert hatten die orthodoxen Klöster die Rolle der Erhalter und Verbreiter der russischen Bildung.

Die Befreiung von der Goldenen Horde, die Vereinigung und Festigung des Moskauer Staates beeinflusste auch das Bildungssystem. Es entstanden zahlreiche neue Gemeinde- und Privatschulen, wo nicht nur Priesterkinder, sondern auch Kinder der Handwerker und Kaufleute lesen, schreiben und rechnen lernten.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts bildete sich daraus schließlich das orthodoxe Bildungssystem. In diese Zeit fällt auch der Anfang des Buchdrucks in Russland und die Herausgabe einer ersten Fibel und eines ersten Grammatikbuches. Allerdings mussten die russischen Buchdrucker wegen der politischen und religiösen Missstände im Lande, ihre Aktivitäten in das Fürstentum Litauen verlegen.
Die Zentren der Aufklärung befanden sich vom 16. bis 17. Jahrhundert auf den Gebieten der heutigen Ukraine und Weißrusslands.
Im Jahre 1632 wurde in Kiew die älteste Hochschule in Osteuropa gegründet, die ab 1701 als Akademie bezeichnet wurde. In Moskau wurde nach diesem Vorbild im Jahre 1687 die Slawisch-Griechisch-Lateinische Akademie gegründet.

Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden in Moskau Schulen nach dem Vorbild der europäischen Grammatikschulen, in denen sowohl weltliche als auch theologische Ausbildung vermittelt wurde. Die arabischen Ziffern verdrängten nach und nach die Buchstaben des kyrillischen Alphabets als Zahlzeichen. Diese Schulen waren allen Ständen zugänglich, selbst Kinder von Dienern konnten dort eine Ausbildung erhalten. In dieser Zeit entstand in Russland auch ein System der Berufsausbildung. Zu den Anfängen gehörten Diplomaten-, Medizin- und Buchdruckerschulen.

Die nachhaltige und revolutionäre Umwälzung im Schulwesen geschah jedoch erst Anfang des 18. Jahrhunderts durch Zar Peter dem Großen. Unter seiner Regierung machten in den Schulen die theologischen Fächer der Mathematik, Astronomie, Feldmesskunde, Fortifikation und dem Ingenieurwesen Platz. In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts entstanden die bekannten Fachschulen Marineschule, Ingenieurschule und Medizinschule, deren Absolventen der von Zar Peter I. aktiv reformierte Staat dringend brauchte.

Ab 1714 wurden in den russischen Regierungsbezirken sogenannte „Zifferschulen“ eröffnet, in denen die Kinder Arithmetik und die Grundlagen der Geometrie lernten. Als Lehrer arbeiteten dort Absolventen der Marineschule.
Im Laufe von zehn Jahren entstanden mehr als 40 solcher Schulen, in denen über 2000 Kinder lernten. Neben den mathematischen gab es auch andere Bildungseinrichtungen. So wurden Priesterkinder in 46 Parochialschulen und Soldatenkinder in Garnisonsschulen ausgebildet.
Bei Hüttenwerken im Ural und in der Olonezker Region Nordrusslands wurden die ersten Bergschulen Russlands organisiert, welche die Fachleute für den Erzbergbau heranbildeten. Zum Lernen benutzte man neue Lehrbücher, die unter anderem die Grundlagen der Mathematik, wie Algebra, Geometrie, Trigonometrie und auch etwas nautische Astronomie enthielten.
Unter der Herrschaft Peter I. wurden in Russland auch erste Übersetzungen westeuropäischer Lehrbücher ausgegeben, die kirchenslawische Schrift wurde durch die sogenannte Zivilschrift ersetzt, die mit einigen Abänderungen bis heute in Russland verwendet wird.
Auf diese Weise entstand in Russland ein Netzwerk von Schulen, dass allerdings nicht einheitlich war, da nach fachlichen- und theologischen Schulen unterteilt wurde. Allgemeinbildung war kein Selbstzweck, sie wurde nur beiläufig vermittelt.
Als eine Errungenschaft ist zu sehen, dass die Ausbildung für alle Stände – außer den Bauern – verpflichtend wurde.
Eine besondere Bedeutung hatte dabei auch die Bildung des Adels, der die Staatsmänner, Beamte und Heerführer stellte. Neben der Ausbildung an russische Schulen wurden die jungen Adligen oft auch ins Ausland geschickt. Nach ihrer Rückkehr mussten sie eine Prüfung ablegen, häufig in Anwesenheit des Zaren.
Da sich nicht jeder Adlige gern bildete, wurde auch Druck ausgeübt. So wurde im Jahre 1714 ein Erlass gegeben, der mit einem Heiratsverbot drohte, wenn sich der Adlige nicht bildete.

Bereits nach dem Tod von Zar Peter I. wurde im Jahre 1726 in Sankt Petersburg eine Akademie der Wissenschaften mit Universität und Gymnasium gegründet. Dafür wurden die Dozenten im Ausland angeworben, hauptsächlich in Deutschland. Im Jahre 1755 bekam auch Moskau eine Universität, den Gründungserlass zeichnete Zarin Elisabeth, eine Tochter Peter I.
An der Universität gab es zwei Gymnasien, sowohl für adlige und auch einfache Bürger.

(Literatur – nach Material auf „ruvr.ru“)

Die traditionelle Medizin in der Kiewer Rus

Die Kiewer Rus

war der älteste ostslawische Staat in der Geschichte. Er entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts und bestand über drei Jahrhunderte. Schon vor der Kiewer Rus gab es in Russland seit langer Zeit eine traditionelle Medizin, die fortlaufend weiter entwickelt wurde (siehe auch: Die traditionelle russische Medizin in der Geschichte). Die Volksheiler hatten ihren festen Platz in der Gesellschaft. Bereits im ältesten Gesetzbuch des russischen Rechts, das von Jaroslaw dem Weisen im ersten Quartal des 11. Jahrhunderts vorbereitet und dann wiederholt überarbeitet und erweitert wurde, werden sie erwähnt und ihre Arbeit gesetzlich geregelt. Für diese Volksheiler gab es ein auf Gesetz beruhendes Entgelt und auch gesetzliche Regeln für die Schadenshaftung gegenüber anderen Personen. So musste die Person bei einem verursachten Personenschaden eine Geldstrafe an die Staatskasse zahlen und dem Opfer Geld für die daraus nötige Behandlung bezahlen.

Ihr medizinisches Wissen und die Geheimnisse gaben die Volksheiler von Generation zu Generation in sogenannten „Familienschulen“ weiter, so beispielsweise vom Vater auf den Sohn oder von der Mutter auf die Tochter.

Sehr beliebt waren in der Kiewer Rus bei den volkstümlichen Heilmethoden Medikamente aus Pflanzen, wie Salbei, Brennnesseln, Spitzwegerich, Rosmarin, Lindenblüten, Birkenblätter, Rinde von Esche und Wacholder sowie Zwiebeln, Knoblauch, Meerrettich, Birkensaft und viele andere.

Bei den Medikamenten tierischen Ursprungs hatten in der Kiewer Rus eine besondere Bedeutung Honig, Lebertran, rohe Stutenmilch und Hirschgeweih.

Darüber hinaus hatten in der traditionelle Medizin der Kiewer Rus auch Medikamente mineralischen Ursprungs ihren festen Platz. So wurde Frauen gegen Unterleibsschmerzen innerlich Pulver aus Beryll gegeben. Um die Geburt zu erleichtern, trugen Frauen als Schmuck Rubine.

Weiterhin wurde in der Kiewer Rus die heilende Wirkung von Essig und Kupfer-Sulfat, Nitrat und Terpentin, Schwefelstein und Arsen, Silber, Quecksilber, Antimon und andere Mineralien bekannt. Dem russischen Volk war bereits lange die heilende Wirkung des „sauren Wasser“ bekannt. Sein alter Name „Selters“, hat bis heute überlebt und bedeutet „Krieger-Wasser“.

Die Erfahrung der Volksmedizin

wurde in Russland, besonders nach der Annahme des Christentums und der damit verbundenen Alphabetisierung, in vielen herbalistischen- und medizinischen Dokumentationen aufgezeichnet und verallgemeinert. Leider gingen im Laufe der Zeit viele dieser handschriftlichen medizinischen Dokumente durch Krieg und andere Katastrophen verloren und bis heute überdauerten nur wenige dieser alten Dokumente.

In der Kiewer Rus entwickelten sich die Klöster zu Stätten der Heilung, jedoch befand sich die Heilung nicht im alleinigen Monopol der Kirche: Neben dem Kloster gab es noch die alte und beliebte „weltliche“ Medizin. Doch waren in dieser geschichtlichen Zeitspanne heidnische Heiler (Zauberer, Magier, Hexen und Waldfrauen) zu Dienern des Teufels erklärt und wurden in der Regel belästigt.

Die Kiewer Rus hatte ein entwickeltes System der Hygiene. So wurden im 10./11. Jahrhundert im alten Nowgorod Hygieneartikel aus Holz und Keramik verwendet. Auch besaß Nowgorod bereits einen Drainagewassersammler, damals noch eine Seltenheit im Städtebau des nördlichen und östlichen Europa.

Ein fester Bestandteil der gesundheitlichen Lebensqualität im alten Russland war das russische Dampfbad. Es galt bereits seit langer Zeit als ein großes Werkzeug der Heilung. Daraus ableitend war das Bad der sauberste Ort eines Hauses und wurde zusammen mit seinem unmittelbaren Zweck, auch als Ort der Erstpflege von Neugeborenen, für den Aderlass, Massagen und vielen anderen Heilbehandlungen genutzt.
Das russische Dampfbad wurde erstmals in einer russischen Chronik aus dem 11. Jahrhundert beschrieben.

Siehe auch: Das Besondere der russischen Volksmedizin

Die Kiewer Rus – der älteste ostslawische Staat

Kiewer Rus

Der älteste ostslawische Staat in der Geschichte war die Kiewer Rus. Er entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts.
Zu dieser Zeit bestanden in Russland frühe feudale Verhältnisse. Die alten slawischen Städte Kiew, Smolensk, Polozk, Tschernigow, Pskow und Nowgorod hatten sich zu den wichtigsten Zentren für Handel und Gewerbe im alten Russland entwickelt. Diese Handelsplätze waren seine wichtigste Verbindung nach Skandinavien und Byzanz.

Ein sehr wichtiges Ereignis in der russischen Geschichte war die Annahme des Christentums als Staatsreligion im Jahre 988 durch den Großfürsten Wladimir (978-1015). Wladimir war von 980 bis 1015 Fürst von Kiew. Dieser politische Akt war kein zufälliges Ereignis, denn mit der Entstehung von sozialer Ungleichheit und Klassenbildung wurden die objektiven historischen Voraussetzungen für den Ersatz von heidnischem Polytheismus und Monotheismus geschaffen, die bis dahin in der alten russischen Gesellschaft vorherrschend waren.
Das Christentum war in Russland seit Anfang des 9. Jahrhunderts bekannt. Einige Vorfahren von Fürst Wladimir, wie Fürst Igor (er regierte von 912 bis 945), nach ihm seine Frau Olga (945-969), waren bereits Christen gewesen. In seiner Regierungszeit besuchte Fürst Igor Konstantinopel und ließ sich dort taufen.
Mit der Annahme des Christentums als Staatsreligion war Großfürst Wladimir damit der erste christliche Herrscher in Russland.
Von großer Bedeutung für die Verbreitung der Ideen des Christentums in der Kiewer Rus waren seine langjährigen Beziehungen mit Bulgarien. Daraus resultierten Einflüsse auf Kultur und Literatur, insbesondere durch religiöse Literatur. Zum Ende des 9. Jahrhunderts war die Kiewer Rus eng mit der byzantinischen Wirtschaft und der christlichen Kultur verbunden.

Die Annahme des Christentums führte zu wichtigen politischen Konsequenzen in der Kiewer Rus. Es trug zur Stärkung des Feudalismus, der Zentralisierung des Staates und seiner Annäherung an europäische christliche Länder (wie Byzanz, Bulgarien, Tschechien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Georgien und Armenien) bei. Daraus ergaben sich neben dynastischen Ehen, auch positive Einflüsse auf die Entwicklung von Kultur, Bildung und Wissenschaft.
In die Kultur der Kiewer Rus, deren Ursprünge aus der traditionellen Kultur der slawischen Stämme entstammten und die mit der fortschreitenden Entwicklung des Staates zu einem hohen Niveau gelangte, gingen später zunehmend bereichernde kulturelle Einflüsse aus der byzantinischen Kultur ein. Besonders aus Bulgarien und Byzanz kamen nach Russland antike und frühmittelalterliche Handschriften. Die slawische Sprache und Schrift wurde in die Obhut der Mönche gegeben, den in der damaligen Zeit am meisten gebildeten Menschen. Aus dieser Zeit haben viele Pergamente und Bücher bis heute überdauert.

Im Jahre 1037 wurde von Fürst Jaroslaw dem Weisen (1019-1054) die erste Bibliothek im alten russischen Staat gegründet. Unter seiner Herrschaft kam es in Russland ebenfalls zu einer verstärkten Alphabetisierung. Er ließ Bücher kopieren und in die slawische Sprache übersetzen. Auch kam es zur Neugründung von Klosterschulen, darunter im Jahre 1086 die erste Klosterschule für Frauen.
Die Kiewer Macht erlangte unter Jaroslaw dem Weisen eine breite internationale Anerkennung.

Dieser alte russische Staat bestand über drei Jahrhunderte. Nach dem Tod des letzten Großfürsten von Kiew Mstislaw Wladimirowitsch (1125-1132), Sohn von Wladimir Monomach, zerbrach er in mehrere unabhängige Fürstentümer. Damit begann eine Zeit feudaler Zersplitterung, die während der Invasion durch tataro-mongolische Horden (1237-1242) unter dem Kommando von Batu Khan (1208-1255), Enkel des Dschingis Khan, zum Verlust der politischen Unabhängigkeit der russischen Länder beitrug und bis in das 15. Jahrhundert zu einer andauernden Abhängigkeit der russischen Länder vom turko-mongolischen Reich der Goldenen Horde (gegründet 1242) führte.