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Der Hausgeist in Russland – slawische Mythologie

Der Hausgeist in Russland

Einen Hausgeist, russ. Домовой, besitzt nach dem russischen Volksglauben jede Wohnung oder jedes Haus. Sollte dieser Hausgeist in der Wohnung oder dem Haus fehlen, dann muss er mittels eines magischen Rituals nachträglich eingebracht werden. Gewöhnlich ist der Hausgeist jedoch bereits in der Wohnung oder dem Haus vorhanden.
Er wacht über die Ruhe in der Wohnung oder dem Haus, beschützt die Bewohner und macht das Leben glücklich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieser Volksglaube auch heute noch im russischen Volk fest verankert ist. Die Menschen achten die alten Rituale für die Sorge und den Umgang mit dem Hausgeist. In sehr vielen russischen Familien hat er seinen festen Platz im täglichen Leben. Für alles, was das Zusammenleben mit einem Hausgeist betrifft, gibt es im Volksglauben eine Vorsorge oder ein Ritual.

Rituale um den Hausgeist

Man darf den Hausgeist nicht vergessen, wenn man aus einer alten Wohnung oder einem alten Haus in eine neue Wohnung oder ein neues Haus umzieht. Er muss von den Bewohnern ergriffen und mitgenommen werden. Wenn der Hausgeist zu diesem Umzug nicht eingeladen wird, dann bleibt er in der alten Wohnung oder dem alten Haus und wird sehr leiden.

Um mit dem Hausgeist gemeinsam umzuziehen, nimmt man einen alten Hausschuh oder einen anderen alten Schuh, macht diesen Schuh weich und bequem und sagt in der alten Wohnung oder dem alten Haus:

„Der Großvater Hausgeist! Wir werden mit mir gehen in das neue Haus, auf das neue Leben, auf den Reichtum“.

Danach nimmt man den Schuh und bringt ihn in die neue Wohnung oder das neue Haus. Den Schuh stellt man in die Küche der neuen Wohnung oder des neuen Hauses, denn die Hausgeister lieben sehr die Küche.
In der ersten Nacht, in der man in der neuen Wohnung oder dem neuen Haus übernachtet, stellt man auf den Küchentisch eine Tasse voll Milch und auf einen Teller legt man etwas Gebäck und Konfekt.
Dabei sagt man zum Hausgeist, dass auf dem Tisch die Bewirtung für ihn steht.
Am folgenden Morgen kann man die übrige Milch trinken und auch das Gebäck und das Konfekt essen oder es Kindern geben.
Der Hausgeist ernährt sich nur aus der Energie von diesen Bewirtungen, denn er isst nicht physisch.
Danach hat man in seiner Wohnung oder dem Haus den Frieden und die Ruhe für immer.

Wenn in der neuen Wohnung oder dem neuen Haus der fremde Hausgeist geblieben ist, weil ihn die vorigen Bewohner nicht mitgenommen haben, so beginnen die Hausgeister zu streiten und zu schimpfen. Das ist etwas sehr Schreckliches in ihrem Leben.

Um dieses Problem zu lösen, nimmt man ein Stückchen schwarzes Brot, etwa 1 mal 1 cm und eine Münze von 5 Cent. Das alles wickelt man in ein kleines Blatt weißes Papier und klebt es mit Klebeband über die Eingangstür zur Wohnung oder dem Haus.
In der Zeit, wo man alles vorbereitet muss man sagen:

„Hausgeist, Hausgeist! Meinem oder dem Fremden!
Meinem Hausgeist werde ich unterworfen, fremder Hausgeist, von mir nimm das Geld, damit kein größerer Schaden wird. Eß das Brot und das Salz, und gib in dem Haus die Ruhe. Аmen!“

Danach wird man in der Wohnung oder im Haus sofort die Wärme und die Gemütlichkeit spüren.

Eine Woche nach der Überführung des Hausgeistes in die neue Wohnung, kann man den Schuh aus der Küche entfernen.

Einmal in der Woche sollte der Hausgeist – in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag – gefüttert werden. Am Abend muss man auf den Tisch in der Küche eine Tasse mit ein wenig Milch stellen. Daneben legt man auf einen Teller etwas Gebäck oder Konfekt oder ein Brötchen.

Am Morgen kann man mit der Milch die Zimmerblumen begießen. Sie werden es mit besserem Wachstum danken. Das Backwerk oder das Konfekt kann man selbst aufessen.
Wenn man seinen Hausgeist sehen und sprechen will, dann ist die beste Zeit dafür am Donnerstag, morgens 03.00 Uhr.

Volksglauben

Nach dem Volksglauben kann ein Hausgeist männlich oder weiblich, klein oder groß, jung oder alt sein. Wer seinen Hausgeist kennt, weiß auch seinen Namen und seine Gewohnheiten. Jeder Hausgeist ist verschieden in seinen Interessen und Fähigkeiten. Gemeinsam lieben alle Hausgeister kleine Geschenke von den Bewohnern der Wohnung oder des Hauses, so beispielsweise kleine Puppen, kleine Autos, etwas glänzendes Kleingeld und auch Spielkarten.
Die für den Hausgeist gedachten Geschenke müssen ihm angekündigt werden, damit er diese auch in Besitz nimmt. Dafür sagt man zum Hausgeist, dass auf dem Tisch oder einem anderen zugänglichen Ort ein Geschenk für ihn steht. Da sich Hausgeister sehr gern in der Küche aufhalten, sollte man diese Geschenke in der Küche der Wohnung oder des Hauses hinterlegen.

Ursprünge der russischen Volksmedizin

Ursprünge der russischen Volksmedizin

russ. народная медицина, sind in den Beschwörungen und magischen Praktiken der altertümlichen Slawen zu finden und beruhten auf dem Glauben an die geheimnisvollen Kräfte der Natur und waren – neben den einfachen rein mechanischen Mitteln – das überwiegende Werkzeug zur Heilung von körperlichen Krankheiten. Diese animistische altertümliche Gesellschaft, für die der gesamte Kosmos in einer materiellen Welt und einer geistartigen Welt existierte, zeigte sich in ihren Gottheiten der Naturkräfte, ihren Beschützern und in den Trägern des höchsten Wissens der Stämme. Letztere waren die Ältesten ihres Stammes, die auch für die Ausübung des religiösen Kultes, die Aufbewahrung der Legenden und die Rechtsprechung verantwortlich waren. Sie verfügten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch über die Geheimnisse der ursprünglichen ärztlichen Kunst, wie das Wissen über die heilenden Eigenschaften von Pflanzen und Stoffen.

Um einen Bezug zur Volksmedizin zu bekommen

ist ein Rückblick in die Geschichte der Medizin und ein Blick auf die Terminologie nötig. Geschichtlich gesehen gibt es drei Arten von Medizin – Volksmedizin oder Volksheilkunde, traditionelle Medizin und moderne Medizin. Alle Arten haben gemeinsame Ursprünge, da sie auf uralten Traditionen gründen und das historische Erfahrungswissen vieler Menschen integrieren. Volksmedizin und traditionelle Medizin haben grundsätzliche Gemeinsamkeiten, jedoch gibt es einen wesentlichen Unterschied in der Art der Wissensübertragung – Volksmedizin ist überwiegend mündlich überliefert und traditionelle Medizin ist schriftlich fixiert.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Volksmedizin nicht von der traditionellen Medizin (Medicina gentilitia) getrennt. Am Ende des 20. Jahrhunderts – wurde die „Volksmedizin“ jedoch meist irrational verstanden, basierend auf einer darin enthaltenen Tradition der Zauberei und Magie, damit der klassischen Medizin entgegen. Daher wurden Konzepte der „Schulmedizin“ und „medizinischer Aberglaube“ häufig als Synonyme verwendet.

Die Rolle der Volksmedizin ist in Wissenschaft und Gesellschaft bis heute nicht klar definiert. Daher können wir in der täglichen Praxis oft beobachten, dass der Begriff der „Volksmedizin“, nicht mit dem Erfahrungswissen traditioneller Medizin erinnert wird, sondern verbreitet mit okkulten oder magischen Praktiken, die oft auch aus der Neuzeit stammen.
Dieses Verständnis der Volksmedizin, entspricht jedoch nicht ihrem tatsächlichen Inhalt: Als traditionelle Medizin zielt sie darauf ab, körperliche Beschwerden des Menschen zu heilen und sich dabei nicht in seine innere Welt einzumischen (siehe auch: Die traditionelle russische Medizin in der Geschichte).

Die altertümlichen Slawen

hegten auch eine Vorstellung von der Seele, die eng mit dem Reinkarnationsglauben verbunden war, wobei die Seele als eine besonders lebenswichtige Kraft angesehen wurde. Laut ihrer Auffassung besteht der Mensch aus einem Körper und mindestens einer Seele. Sie ist nicht an den Menschen gebunden, lebt auch nicht in ihm, sondern in seiner Nähe. Sie ist mit Emotionalität, Willen und Denkvermögen ausgestattet. Wenn der Mensch stirbt, dann geht die Seele von ihm wie ein kleines „Nebelchen“, weg. Über das weitere Schicksal dieser Seele existierten in der altertümlichen Gesellschaft unterschiedliche Ansichten. Ein Teil der Menschen glaubte, diese bliebe auf der Erde, um Gutes oder Böses zu schaffen, ein Teil glaubte, sie reise in den Himmel ab, um das Leben der Nachkommen zu beeinflussen. Es wurde auch angenommen, dass die sterbende Seele sich eine Bleibe in Tieren oder in Gegenständen sucht, deshalb waren viele Anwendungen in dieser Volksmedizin auch mit Tieren verbunden. Beispielsweise wurde bei Kopfschmerzen ein Welpe auf die Stirn gelegt oder bei Fieber neben dem Kranken eine Ziege angebunden.

In den animistischen Vorstellungen existierten Beschützer des Stammes, des Geschlechtes und des Hauses. Das Oberhaupt des Stammes sollte die Verbindung mit diesen Geistern halten. Als Vermittler zwischen den Menschen und den geheimnisvollen Kräften der Natur galten Wahrsager und Wahrsagerinnen, Hexer und Hexen. Sie spielten eine bedeutende Rolle in den Glaubensvorstellungen dieser altertümlichen Gesellschaft. Diese Vermittler konnten ihre Kraft sowohl zum Wohle des Menschen verwenden als auch zu seinem Schaden – um zu heilen oder zu bestrafen. Hauptsächlich wurden diese Kräfte den Frauen zugeschrieben, da ihnen die besonderen magischen Kräfte und die nahen Verbindungen zu diesen Kräften nachgesagt wurden. Die Verknüpfung von Elementen des Glaubens und der Magie mit den Heilanwendungen ist bis heute ein wesentlicher Bestandteil der russischen Volksmedizin.

Geschichtlich gesehen

traten die altertümlichen Slawen mit der Annahme des Christentums zum orthodoxen Glauben über, der über die Jahrhunderte zur Herausbildung einer eigenständigen russisch-orthodoxen Kirche führte. Der daraus resultierende Volksglaube ist sehr streng und fest. Er beeinflusst viele Lebensbereiche gläubiger Menschen. In der Praxis verwenden die Heiler aus dem Volk häufig Beschwörungen für die Behandlung dieser oder jener Erkrankung. Diese Beschwörungen sind traditionell ein fester Bestandteil der russischen Volksmedizin und werden von Generation zu Generation weitergegeben. Die Mehrheit von ihnen sind familiäre Geheimnisse. Jedes Wort hat in diesen Texten seinen festen Platz und es darf nichts ausgetauscht oder verändert werden, auch gibt es feste Zeiten für deren Anwendung.

Gewöhnlich wird die Beschwörung beim zurückgehenden Mond 3-mal mit leiser Stimme gesprochen. Manchmal blasen die Heilenden dabei auf den wunden Punkt oder spucken 3-mal über die linke Schulter. Das Anwenden von Beschwörungen unterliegt bestimmten Regeln. Jeder, der diese Sprüche liest und spricht, soll gesund sein, wenn er die Beschwörung für einen anderen Menschen durchführt. Wendet man die Beschwörung für sich selbst an, kann das Befinden von jeder Art sein.
Die Kleidung soll sauber sein. Es sollten keine Wunden auf dem Körper des Beschwörers vorhanden sein. Frauen sollen keine Menstruation haben und das Haar nicht flechten. Auf dem Körper darf kein Schmuck getragen werden, lediglich das heilige Kreuz ist erlaubt. Wenn die Beschwörung angewendet werden soll, dürfen der Anwender und auch der Kranke an diesem Tag mit anderen Menschen nicht schimpfen. Angeraten wird auch, niemandem zu erzählen, dass die Heilbehandlung mithilfe der Beschwörung bevorsteht oder vollbracht wurde. Andernfalls kann die Behandlung vergeblich sein.

Siehe auch: Anfänge der Heilung von Krankheiten durch den Menschen