Die russische Volksmedizin – traditionelles Heilwissen

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Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium)

Die russische Volksmedizin (russ. народная медицина) nutzt seit jeher die außergewöhnliche Kraft der Natur für die Heilung und das Wohlbefinden. Jedoch ist der Begriff „Volksmedizin“ in Wissenschaft und Gesellschaft heute nicht klar definiert, da Volksmedizin auch Traditionen von Zauberei und Magie enthält. Daraus abgeleitet wird der Begriff „Volksmedizin“ häufig auch mit okkulten und magischen Praktiken verbunden.

Um einen Bezug zur Volksmedizin, insbesondere der russischen Volksmedizin zu bekommen, ist ein Rückblick in die Geschichte der Medizin nötig. Geschichtlich gesehen gibt es drei Arten von Medizin – Volksmedizin oder Volksheilkunde, traditionelle Medizin und moderne Medizin. Alle Arten haben gemeinsame Ursprünge, da sie auf uralten Traditionen gründen und das historische Erfahrungswissen vieler Menschen integrieren.
Volksmedizin und traditionelle Medizin haben grundsätzliche Gemeinsamkeiten, jedoch gibt es einen wesentlichen Unterschied in der Art der Wissensübertragung – Volksmedizin ist überwiegend mündlich überliefert und traditionelle Medizin ist schriftlich fixiert (siehe auch: Die traditionelle russische Medizin in der Geschichte).

Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die gesamte medizinische Praxis auf traditioneller Medizin aufgebaut oder war davon abgeleitet. Dafür legten bereits in der Antike und im Mittelalter solche Ärzte wie Hippokrates, Galen, Dioskurides, Avicenna, Amasiatsi und viele andere die Grundlage, in dem sie das historische Erfahrungswissen der Völker aufzeichneten und ergänzten.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann sich die moderne Medizin von der traditionellen Medizin abzutrennen. Dafür ursächlich war die schnelle Entwicklung der Chemie und die daraus entstehende Möglichkeit, aus natürlichen Rohstoffen reine Substanzen und deren komplexe Inhaltsstoffe zu gewinnen. Dadurch wurde die industrielle Herstellung „neuer“ Medikamente möglich, die sehr schnell in der ärztlichen Praxis dominierten und die „alten“ Medikamente verdrängten.

Schon die frühesten Menschen kannten offensichtlich Heil- und Giftpflanzen, Mineralien und tierische Stoffe, die sie zur Bekämpfung ihrer Krankheiten verwendeten. Von den Neandertalern ist bekannt, dass sie Pflanzen wie Schafgarbe, Tausendgüldenkraut, Greiskräuter, Meerträubel, Eibisch, Malven- und Liliengewächse nutzten, die wir heute noch kennen und deren Inhaltsstoffe oft die Grundlage moderner Medikamente bilden. Im weiteren Verlauf der menschlichen Entwicklung wurden die Methoden und Instrumente der Heilkunde ständig weiterentwickelt und verbessert.

Die alten russischen Volksheilerinnen und -heiler hatten bereits eine große Sammlung an Heilmitteln und verwendeten bis zu tausend pflanzliche, tierische und mineralische Komponenten. Daraus wurden Medikamente wie Aufgüsse, Sude, Tinkturen, Pulver und Salben bereitet. Beispielsweise bereitete meine Großmutter mehr als fünfhundert verschiedene Aufgüsse und Sude gegen Krankheiten, wie sie noch heute in meiner Familie genutzt werden und die ich auch in meiner ärztlichen Praxis bei meinen Patienten anwende. Das Sammeln der Pflanzen erfolgte zu bestimmten Tagen und Stunden, wobei auch der Zeitpunkt der Blüte, die Mondphasen, der Sonnenstand und viele weitere Punkte berücksichtigt wurden.
Meine eigene Ausbildung in der russischen Volksmedizin begann mit meinem 7. Lebensjahr und währte fast 12 Jahre (siehe: Familientradition).

Im Gegensatz zu Medikamenten auf chemischer Grundlage, haben pflanzliche Präparate viele pharmakologische Vorteile: sie enthalten keine Zusatzstoffe wie künstliche Aromen und Konservierungsstoffe, machen nicht abhängig, erfordern keine spezifischen Kenntnisse für die Herstellung der heilenden Mixturen und vor allem verbessern sie die Arbeit des Immunsystems und helfen dadurch dem Körper in seiner Gesamtheit, mit der Krankheit oder dem kosmetischen Problem fertig zu werden.

In Russland existiert eine sehr reiche Natur, die sich auch in einer großen Artenvielfalt an Pflanzen zeigt. Der Hauptgrund dafür besteht in den unterschiedlichen Klimazonen, die sich von Nord nach Süd durch das ganze Land erstrecken und damit einer Vielzahl von Pflanzenarten entsprechende Lebensbedingungen ermöglichen.
Dieser Reichtum an Pflanzen zeigt sich auch in der russischen Medizin. Etwa 40 Prozent aller in Russland verwendeten Medikamente, sind Medikamente pflanzlichen Ursprungs, für deren Herstellung etwa 300 Heilpflanzen genutzt werden. Noch umfangreicher ist die Verwendung von Pflanzen in der russischen Volksmedizin, die etwa 2.500 Heilpflanzen und Kräuter verwendet. Weltweit ergibt die Auflistung, die von den Völkern in der traditionellen Medizin verwendet werden, mehr als 10.000 Pflanzen.
Die heute zu einer Reihe von pflanzlichen Medikamenten zur Verfügung stehenden Daten, belegen die besondere Wirkung der in Pflanzen gefundenen komplexen Stoffe, im Vergleich zu „reinen“ Präparaten. Das ist darin begründet, weil der Prozess des Lebens eine Vielzahl von Substanzen bildet, von denen viele eine deutliche Wirkung auf den menschlichen- und tierischen Körper haben.
An der Verwendung von Pflanzen für das Heilen von Krankheiten besteht heute allgemein ein zunehmendes gesellschaftliches Interesse: Pflanzen sind fähig, auf sanfte und natürliche Weise ein Leiden heilen.

Neben einer Vorstellung der Bücher „Russische Volksmedizin“ (2011) und „Die gesunde und schöne Frau“ (2012), finden Sie auf dieser Webseite darüber hinausgehende Informationen, wie zur russischen Volksmedizin, traditionellem Heilwissen, Tipps und Empfehlungen für die alternative Behandlung einzelner Krankheiten und noch etwas mehr.

Wenn Sie etwas Zeit mitgebracht haben, dann blättern Sie ruhig ein wenig.

Ihre Natalja Aleksandrowna Nowikowa

Traditionelles Heilwissen